Es ist später, als du denkst

Lesezeit: 3 minuten

Milan / 02.05.2022

Abschied

Bei der Festlegung des Startdatums gibt es so einige Faktoren (Jahreszeit, Wetter, Vertragskündigungen etc.), die man beachten kann. Der Einzige Faktor der für uns allerdings eine Rolle spielte war, dass wir unsere Reise gerne im Winter antreten wollten. Warum ausgerechnet im Winter??? Mit dieser Frage werden wir uns noch in einem weiteren Beitrag beschäftigen. Die Wahl des Datums lag also vollkommen bei uns. So entschieden wir uns für den 02.02.2022. Mit der Festlegung des Datums waren wir der konkreten Umsetzung des Projekts einen weiteren Schritt nähergekommen. Nun konnten wir mit der Planung der ersten Tage und Etappen beginnen. Auch Mental konnten wir uns auf den bevorstehenden Abschied einstellen. Dabei wurde uns mehr und mehr bewusst, dass der Abschied nicht am 02.02.2022 stattfinden würde.

Der Abschied lag nicht mehr vor uns in weiter Ferne, vielmehr waren wir mittendrin.  Jeden Tag verabschiedeten wir uns von den Personen, den Gewohnheiten, dem Alltag, den Dingen die unser bisheriges Leben bestimmten. Dinge ein letztes Mal zu tun, in dem Bewusstsein, dass es das letzte Mal sein würde bekam einen ganz komischen Beigeschmack. In den meisten Fällen würde es kein Abschied für immer sein – dafür für eine lange und ungewisse Zeit. Wir beide merkten, wie wir mehr und mehr versuchten die vielen letzten Male voll auszukosten und die Zeit die uns noch blieb bestmöglich zu nutzen. Das letzte Essen mit den Freunden, die letzte Autofahrt, die letzte Feier, der letzte Spaziergang durch die vertraute Umgebung, der letzte Tag vor der letzten Nacht im eigenen Bett…

IMG_8557-4

Es entstand ein seltsames, jedoch omnipräsentes Gefühl von
Endgültigkeit und Vergänglichkeit (auch wenn das jetzt ein bisschen kitschig nach Barock klingt). Einen so stetigen Wechsel von Vorfreude, Melancholie, Unsicherheit und fester Entschlossenheit sowie zahlreicher weiterer Gefühlszustände hatten wir bis zu dieser Zeit noch nicht erlebt. Vermutlich ist das allerdings normal, wenn man die Umstände bedenkt.

 Auch unsere Wahrnehmung von Zeit veränderte sich in dieser Zeit stark. Man könnte es mit der Zeitwahrnehmung eines Kindes vergleichen, welches im September anfängt auf Weihnachten zu warten. Nur war es bei uns umgekehrt. Die Tage und Wochen rannten dahin, es blieb uns oftmals kaum Zeit übrig um zu realisieren, wie weit wir schon gekommen waren. Und plötzlich war es dann soweit – der Tag der Abreise war gekommen.